Dazu zählen die Corona-Pandemie und ihre Folgen, die steigenden Lebenshaltungskosten, der Klimawandel und Dürresommer 2022, der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine mit den damit verbundenen weltweiten Ernährungs- und Energiekrisen sowie die Sorge um die von Gewalt und Zerstörung betroffenen Menschen.

Allmählich bricht sich die Erkenntnis Bahn, dass wir in einem Zeitalter multipler Krisen leben. In einer vernetzten Welt scheint der Krisenmodus zum Normalzustand zu werden: global, international, gesamtgesellschaftlich. Auch ein diakonisches Unternehmen wie Hephata muss sich damit auf mehreren Ebenen auseinandersetzen. So stellt alleine die betriebswirtschaftliche Steuerung der extrem hohen Sachkostensteigerungen, insbesondere im Bau-, Energie- und Lebensmittelsektor, eine besondere Herausforderung dar.

Da war und ist aber noch mehr: Geflüchtete Menschen brauchen von jetzt auf gleich ein Dach über dem Kopf und Unterstützung bei der Organisation ihres Alltags in einem für sie fremden Land. Die Zahl der Menschen mit psychischen oder Sucht-Problemen steigt und der Bedarf an intensiver Betreuung von Kindern und Jugendlichen wächst. Zugleich werden auch bei Hephata Fachkräfte gesucht, um Angebote qualitativ hochwertig fortzuführen oder neu aufzubauen. Bei all diesen Herausforderungen war und ist es ermutigend zu sehen, dass unser diakonisches Unternehmen seine Fähigkeit zum Handeln und zur Beweglichkeit unter Beweis gestellt hat. Vor allem das Zusammenwirken vieler kompetenter und engagierter Mitarbeiter*innen hat sich bewährt. Ein Beispiel dafür stellt der Corona-Krisenstab dar, der regelmäßig die Lage analysiert, nächste Schritte bewertet, Impfaktionen organisiert und den Vorstand in seinen Entscheidungen beraten hat. Der Krisenstab war bereichs- und hierarchieübergreifend besetzt und hat entscheidenden Anteil da - ran gehabt, dass Hephata vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen ist.

Darin zeigt sich etwas Grundsätzliches: Nur gemeinsam und auf Augenhöhe finden wir Antworten auf die Fragen unserer Zeit. Und gerade als diakonisches Unternehmen werden wir dabei an die Gültigkeit einer alten Erkenntnis des Glaubens erinnert, die von Paulus mit dem Bild des einen Leibes und der vielen Glieder beschrieben worden ist (vgl. 1. Korinther 13, 12-27): Für Paulus ist christliche Existenz immer Existenz im Miteinander. Alle Glieder sind auf Partnerschaft und Gegenseitigkeit angelegt. Sie gestalten ihr Miteinander, indem sie ihre Unterschiede und Besonderheiten mit einbringen. Dabei geht es nicht um Gleichartigkeit, aber um Gleichwertigkeit. Eine Vision, die auch die Hephata Diakonie leitet: bei der Gestaltung ihrer inneren Bezüge und bei ihrem Wirken nach außen.

In der Praxis zeigt sich dies unter anderem bei unserem gemeinwesenorientierten Ansatz beim neuen Wohnprojekt in Flieden. Das erste Wohnprojekt der Hephata Diakonie im Landkreis Fulda ist auch das erste, das von Menschen mit und ohne Behinderungen bewohnt werden wird. Aber wir wollen nicht nur ein Haus bauen und betreiben, sondern auch Teil der örtlichen Gemeinschaft sein, mit Vereinen, Initiativen, Kirchengemeinden und weiteren Akteuren im Sozialraum zusammenarbeiten.

Wie wichtig und handlungsleitend der Blick auf die Bedarfe von Menschen ist, lässt sich auch an der neuen Station 1a der HephataKlinik in Schwalmstadt-Treysa ablesen. Menschen mit Mehrfachbehinderungen und Epilepsie finden hier seit März 2023 ein Behandlungsangebot, das speziell auf sie ausgerichtet ist. Weil eine herkömmliche neurologische Station den Bedürfnissen dieser Patient*innen oft nicht gerecht wird, wurden seit Oktober 2018 insgesamt 4,1 Millionen Euro investiert, um mit der neuen Station eine Versorgungslücke in Hessen zu schließen.

Dass die Bedarfe von Menschen auch außerhalb Deutschlands uns in Bewegung bringen, hat die Beteiligung an den Spendensammlungen für Hilfstransporte in die Ukraine gezeigt. Unter der Regie der Diakonischen Gemeinschaft Hephata wurde eine Sammelstelle für Sachspenden auf dem Stammgelände Hephatas eingerichtet. Welche Dinge wirklich vor Ort gebraucht wurden, wusste eine Hephata-Mitarbeiterin zu berichten, die aus der Ukraine stammt. So konnten wir ein weiters Zeichen für Solidarität und Nächstenliebe setzen.

Bei all diesen Projekten haben wir das Wir im Blick. Auch, weil ein Kapitel unserer eigenen Unternehmensgeschichte von den schrecklichen Folgen handelt, wenn Menschen ihr Lebenswert und -recht abgesprochen werden: Fast 400 Bewohner*innen Hephatas sind in der NS-Zeit deportiert worden, viele von ihnen wurden in staatlichen Einrichtungen ermordet. Das Gedenken daran stand am Beginn des Jubiläumsjahres „175 Jahre Diakonie in Deutschland“, zu dem Diakoniepräsident Ulrich Lilie im März nach Treysa gekommen war. Beschäftigte der Hephata-Werkstätten und Studierende der Hephata-Akademie gestalteten gemeinsam eine eindrückliche Erinnerungsliturgie. Und zeigten so gerade beim Gedenken, was Hephata für die Gegenwart und Zukunft insgesamt wichtig ist: der aktive Einsatz für ein vielfältiges, solidarisches und gerechtes Gemeinwesen.